One thought on “Vortrag ADFC Bremen AKV

  1. Hallo!
    Ich stimme in Vielem zu.

    Was vielleicht fehlt: Beim Hantieren mit und Vergleichen der Unfallzahlen wird die unterschiedliche Zusammensetzung des Radverkehrs meist nicht berücksichtigt. Inklusive Ansätze im Radverkehr bringen es mit sich, dass vergleichsweise sehr viele Senioren radeln.
    Senioren führen die Radunfallstatistiken bezogen auf Tote, Schwer- und Leichtverletzte mit großem Abstand an. Einfach deshalb, weil Verletzungsgefahr und Mortalität bei Stürzen altersbedingt ab ca 60-65 Jahren steil ansteigen.
    Und trotzdem ist Radfahren, gute Infra vorausgesetzt, für Senioren nicht gefährlich sondern wird von Ärzten empfohlen. Gefährlich für Senioren ist das Nichtbewegen. Ein trainiertes Muskelsystem entlastet im Alter das anfälliger werdende Skelettsystem. Die Beweglichkeit bleibt erhalten und Alltagsstürzen mit oft fatalen Folgen wird durch vorgebeugt.

    Ich finde auch deshalb diese ganze Sicherheitsdiskussion fehlgeleitet. Sicherheit ist wichtig aber sie hat natürlich eine sekundäre Stellung.
    Sie muss der Mobilität dienen, und zwar der Mobilität Aller – und nicht nur Einiger. Sie darf inklusive Mobilität nicht verhindern, denn das hieße das Kind mit dem Bade ausschütten. Sicherheit darf nicht zu Exklusion führen – dafür ist Mobilität ein zu wichtiges Grundbedürfnis und Grundrecht.

    Die Problemstellung bezogen auf Sicherheit muss also lauten: Wie kann eine inklusive Mobilität möglichst sicher organisiert werden.
    Und nicht: Wie kann möglichst viel Sicherheit organisert werden, selbst wenn Einigen oder Vielen ihre Mobilität damit genommen wird.

    Folgt man dieser Problemstellung, dass nämlich inklusive Mobilität sichergestellt bleiben muss, dann findet man heraus, dass inklusive Mobilität und Sicherheit nicht etwa in einem Konkurrenzverhältnis stehen, sondern dass inklusive Mobiltät Sicherheit erzeugt.

    Das zeigt dieses aus der Ökologie bekannte Sicherheitskonzept, das Inklusivität zum konstituierenden Inhalt hat.

    Es beruht auf der Identifizierung und Beobachtung sogenannter Indikatorenarten, auch Zeigerarten genannt. Indikatorenarten sind Spezies mit geringer ökologischer Potenz, d.h. sie reagieren stark auf Stress. Ist also das zu beobachtende Ökosystem Stress ausgesetzt, d.h. ist seine Sicherheit in Gefahr, dann kümmern oder verschwinden die Indikatorenarten. Die Inklusivität des Ökosystems ist durch den drohenden oder bereits erfolgten Verlust der Indikatorenarten bedroht oder beschädigt und es muss gehandelt werden. Denn wenn die Indikatoren verschwinden, wenn also die Inklusivität des Systems bedroht oder nicht mehr gegeben ist, dann steht es schlecht um die Sicherheit des Ökosystems und vieler seiner Arten.

    Auf den Radverkehr bezogen (und auch auf den öffentlichen Raum insgesamt) kann man Kinder, Senioren und Frauen, etwa in dieser Reihenfolge, als stressintolerante Indikatorenspezies bezeichnen.
    Um die Sicherheit des jeweiligen örtlichen Radverkehrs zu beurteilen und zu überwachen sollte man also den Anteil von Kindern, Senioren und Frauen messen. Je höher diese Anteile sind, desto sicherer der Radverkehr.

    “Children are a kind of indicator species. If we can build a successful city for children, we will have a successful city for all people.”
    Enrique Penalosa, Mayor of Bogota

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